Dicke Luft ums Lüften

Es gibt wenige heiße Eisen in und um das Haus, über die soviel Falsches berichtet, Unsinniges geschrieben und Polemik verbreitet wird wie über das Lüften.

Ersticken wir in unseren zu dichten Häusern? Oder werfen wir noch immer zuviel Heizenergie aus undichten Fenstern? Warum scheiden sich so die Geister, wenn es um die „dicke Luft" geht? Sind die Fachleute überfordert oder sind sie gefangen in ihren Interessen? Oder lassen die physikalischen Zusammenhänge gar keine richtige Empfehlung zu? - Fragen über Fragen.

Wir bemühen uns seit Jahren um aktive Aufklärung durch fachliche Informationen

 

Wie entsteht Feuchtigkeit in Wohnräumen?

Wohnräume werden ständig durch Feuchtigkeit beansprucht. Die Feuchtigkeit entsteht durch:

- Neubaufeuchtigkeit als Ursache der Bauherstellung
- Wasserdampf durch Haushalt und Körperpflege sowie die Feuchtigkeitsabgabe von Menschen und Tieren
- Wasser, das in Feuchträumen wie z. B. Bädern, Küchen, usw. anfällt
- Reinigungswasser, Gießwasser und Wasser aus schadhaften Leitungen
- Tauwasser auf den Innenoberflächen von Bauteilen (Schwitzwasser) oder im Innern der Bauteile durch Kondensation von Wasserdampf

Basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes wurde die „mittlere" Feuchtigkeitsbelastung von Wohnungen ermittelt und klassifiziert in verschiedene Haushaltsgruppen.

 

Haushaltsgruppen

 

  0
Kinderlos
1
1 Kind
2
2 Kinder
3
mehr als 2
Kinder
Tägliche
Feuchtigkeitsbelastung
8 Liter/Tag 12 Liter/Tag 14 Liter/Tag 15 Liter/Tag

 

Die Feuchtigkeitsbelastung führt nach bestimmten physikalischen Gesetzesmäßigkeiten zur Tauwasserbildung (Schwitzwasser).

Die Ursachen für das Auftreten von Tauwasser sind:

 

- nicht ausreichende Lüftung
- nicht ausreichender Wärmeschutz der Außenwände
- konstruktiv bedingte Mängel (Kältebrücken)
- falsches Heizen, ungünstige Platzierung (nicht unter dem Fenster angeordnet)
- unsachgemäßes Nutzerverhalten, falsch verstandenes intermittierendes Heizen
- Zu hohe Dauerfeuchtigkeit zeigt sich an folgenden Symptomen:
  Besonders in Ecken und hinter Schränken treten sogenannte Stockflecken auf, welche nach einiger Zeit mit Schimmelpilzen überzogen sind.
  Fenster in Bad, Küche oder Schlafzimmer beschlagen, Fensterbrüstungen werden durchfeuchtet.

 

Luftwechsel aus hygienischen Gründen

Neben der Feuchtigkeit sind auch andere Einflussfaktoren, wie z. B. CO2-Gehalt, Geruchsstoffe usw. für das Lüftungsverhalten ausschlaggebend. Als Maßstab für die Luftqualität wird schlechthin der „Kohlensäure-Maßstab" (CO2-Gehalt) nach Pettenkofer angesehen. Die Obergrenze wird mit 0,1 Vol % CO2 angegeben. Liegen die Werte höher so bedeutet dies: Verbrauchte Luft. Berücksichtigt man, dass die ausgeatmete Luft beim Menschen ca. 4 Vol % CO2 enthält, so kann die 0,1 Vol %-Grenze in kleinen Räumen oder bei Anwesenheit mehrerer Personen schnell erreicht werden. Für speziell genutzte Räume, wie z. B. Versammlungsräume oder Büros wird die Grenze auf 0,15 Vol % CO2 angehoben. Für Industrieräume können die Grenzwerte noch wesentlich höher liegen. Mit diesen Angaben können die notwendigen Luftwechselzahlen in Abhängigkeit von Raumgröße, Personenzahl und der Tätigkeit ermittelt werden.

Menschen sind lufthungrig.

Zwei Personen (Nichtraucher) verbrauchen 48m³ in rund 60 Minuten. Bei zwei Rauchern in einem Raum gleicher Größe sollte die Luft bereits nach 40 min. ausgetauscht werden.

In Verbindung mit dem CO2 -Anteil der ausgeatmeten Luft kann unter diesen Aspekten unter Umständen sehr schnell die obere Grenze (nach Pettenkofer 0,1 Vol % CO2) erreicht sein. In der Fachliteratur werden Luftwechselzahlen von 0,5 - 0,8 pro Stunde zur Gewährleistung von Mindestluftwechseln beschrieben.

 

Welche Lüftungsarten gibt es?

Selbstbelüftung

Alle Fugen und Öffnungen von drinnen nach draußen tauschen Luft aus, völlig passiv und selbsttätig. Das ist in jedem Haus so, denn ein dichtes Haus gibt es nicht. Fenster und Türen tragen dazu ebenso bei wie
Mauerwerk, Decken und Böden.

Dauerbelüftung

Dabei werden Fenster mit sogenannten Spaltlüftern oder speziellen Kippbeschlägen ausgestattet, die ständig geöffnet sind. Die Wirksamkeit - also der Austausch von Innenluft und frischer Außenluft - ist je nach Größe, Öffnungsart, Wetter und Temperaturdifferenzen sehr unterschiedlich. Ein ständiger Wärmeverlust während der Heizperioden ist dabei natürlich unvermeidbar

Die Stoßlüftung

- also das minutenschnelle Durchlüften, sollte immer eine Zuglüftung sein. Wenn die Fenster sich dabei gegenüber stehen oder gar diagonal, ist diese Lüftungsart besonders schnell und erfrischend wirkungsvoll.

Mechanische Lüftung

Bei Räumen mit einem exakt vorgeschriebenen Luftaustausch werden elektrisch betriebene Lüftungsgeräte eingesetzt. Die mechanische Lüftung wird wegen ihrer Kosten im privaten Bereich kaum verwendet.

Welche Lüftungsart ist die Beste?

Völlig unzureichend ist die Selbstlüftung. Selbst nach zwei Stunden ist die Luft noch immer hygienisch bedenklich. Um eine „ausreichende" Selbstbelüftung zu erzeugen, müsste wirklich ständig der „Wind durchs Haus pfeifen". Mit der Gemütlichkeit wär's dann vorbei.

Die Dauerbelüftung braucht mehr als eine Stunde, bis der Mensch wieder frisch durchatmen kann. Das ist also eine richtige Sommerlüftung, wenn es draußen so warm wie drinnen ist. Im Winter dagegen führt die Dauerlüftung zu empfindlichen Wärmeverlusten, da sich alles - Wände, Decken, Möbel - entsprechend abkühlen und immer wieder aufgeheizt werden müssen.

Die Stoß- oder Zugbelüftung schneidet ganz deutlich am besten ab - schon nach fünf Minuten ist die Luft wieder erträglich - nach zehn Minuten ist die Luft praktisch komplett ausgetauscht. Der Durchzug ist deshalb im Winter die einzige richtige Belüftung, weil sich in fünf oder zehn Minuten natürlich nicht Wände, Decken und Möbel abkühlen, sie behalten weitgehend ihre Eigentemperatur. Damit entfällt das erneute „Aufheizen". Werden die Fenster geschlossen, erwärmt sich der Raum entsprechend schnell wieder. Die Stoßlüftung spart - bei gleicher Luftwechselmenge gegenüber Dauerbelüftung - Heizenergie.

Wir empfehlen 5 - 6 mal über den Tag verteilt, für mindestens 5 Minuten, eine Stoßlüftung vorzunehmen.

Eine weitere Tabelle veranschaulicht mögliche Luftwechselzahlen in Abhängigkeit von verschiedenen Fenster- bzw. Rollladenstellungen. Die relativ großen Streuungen in der Praxis sind aufgrund zuvor beschriebener Einflussgrößen erklärbar.

 

 

Fensterstellung Luftwechselzahl in h-1
Fenster zu, Türen zu 0 bis 0,5
Fenster gekippt, Rollladen zu 0,3 bis 1,5
Fenster gekippt, kein Rollladen 0,8 bis 4,0
Fenster halb offen 5 bis 10
Fenster ganz offen 9 bis 15
Fenster und Türen ganz offen (gegenüberliegend) Etwa 40

 

Tipps zum Lüften im Keller

Oft gibt es im Keller das Problem, dass es dort - obwohl gut gelüftet wird - feucht ist und muffig riecht. Woran liegt das? Jeder kennt das Phänomen: Eine Jacke, die an einem schwülen Sommertag über Nacht auf dem Balkon liegt, ist am nächsten Morgen klamm und feucht. Ein Pullover, der in einer frostig kalten Winternacht auf dem Balkon liegen bleibt, ist am andern Tag zwar kalt, aber "knochentrocken". Dieses Gedankenspiel der feuchten Wärme und trockenen Kälte hilft uns beim Kellerlüften.

Was passiert im Sommer?

Die Außentemperatur liegt bei +25 Grad, die relative Luftfeuchtigkeit außen liegt bei 80%. Ein m³ Luft trägt dann 18,5 Gramm Wasser. Kommt diese Luft in den Keller und wird auf +18 Grad abgekühlt, kann diese Luft noch max. 15,4 Gramm Wasser/m³ tragen. Die Raumluft muss 3,1 Gramm Wasser/m³ ausstoßen. Der Dampf kondensiert, der Keller wird feuchter je mehr man lüftet

Was passiert im Winter?

Die Außentemperatur liegt nun bei -5 Grad, die relative Luftfeuchtigkeit außen liegt ebenfalls bei 80%. Ein m³ Luft kann jetzt nur 2,6 Gramm Wasser tragen. Kommt diese kalte, trockene Luft in den Keller und wird auf +16 Grad erwärmt, kann sie maximal 13,7 Gramm Wasser/m³ tragen. Rechnerisch kann diese Luft 11,1 Gramm Feuchtigkeit aufnehmen. Der Keller wird also trocken.

Grundsätzlich gilt:

Im Sommer lüftet man einen Keller feucht, im Winter trocken. Natürlich muss man auch im Sommer mal das Fenster im Keller öffnen, aber man muss sich bewusst sein, dass dadurch auch Feuchtigkeit in den Keller kommt.